1. Eigentum in der Fläche
Unsere Region verändert sich. Manchmal allmählich und kaum sichtbar, manchmal aber auch abrupt. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt werden die Maschinen in der Landwirtschaft größer, die Zahl der Bewirtschafter verringert sich. Immer mehr Fläche und Ertrag sind nötig, um in der Landwirtschaft wirtschaftlich arbeiten zu können. Gleichzeitig verschwindet immer mehr Agrarfläche unter Asphalt und Beton. Die Anforderungen des Menschen an die Infrastruktur werden immer größer.
Das beschreibt die Landwirtschaft heute wie auch vor 150 Jahren. Das Eigentum an Boden ändert sich dagegen in die entgegengesetzte Richtung. Während die grundlegende Struktur der Flurstücke gleich bleibt, zersplittert sich das Eigentum durch die Vererbung auf die nächste Generation zunehmend.
1: Durch die gleichmäßige Vererbung auf die Kinder entstehen schon nach drei Generationen schmale, langgestreckte Flurstücke, die in der Feldflur kaum noch sicher einzeln bewirtschaftet werden können.
Eine weitere Zersplitterung bewirken die Gesetze und Instrumente, die unser Eigentum sichern. Die Regeln und Eingriffsmöglichkeiten für Behörden in das Grundbuch jedes Eigentümers sind streng limitiert. Das zeigt sich beispielsweise deutlich entlang neu gebauter Straßen. Eine Behörde plant die Straße und erwirbt die dafür benötigte Fläche. Wenn die Straße gebaut ist, wird sie genau vermessen. Anhand dieser Vermessung werden neue Flurstücke gebildet und ins Liegenschaftskataster eingetragen. Dabei spielt es keine Rolle, wie dieses neue Flurstück zu den bereits vorhandenen Eigentumsstrukturen passt - es wird genauso eingetragen, wie die Straße verläuft. Dabei entstehen meist kleinste oder wirtschaftlich untaugliche Flurstücke, z.B. einhundert Meter lang, aber nur zehn Zentimeter breit. Niemand kann solche Flurstücke sinnvoll nutzen. Der Aufwand, sie zu verwalten, übersteigt ihren Wert bei weitem. Doch Eigentum ist zurecht ein wichtiges und schützenswertes Gut. Keiner außer dem Eigentümer darf eine Veränderung an solch einem Flurstück vornehmen. Auf den ersten Blick erscheint das überzogen bürokratisch und engstirnig. Würden Sie das auch so sehen, wenn es Ihr Eigentum wäre?
2: Entlang einer verlegten Einmündung einer Straße sind unzählige Splitterflurstücke entstanden. Eine rechtssichere Nutzung dieser Flächen ist kaum möglich.
Je kleinteiliger das Eigentum, desto schwieriger wird seine Bewirtschaftung. Eine Vielzahl von Pachtverträgen und Absprachen ist notwendig, um die Schlaggröße und Bewirtschaftung des Landes sicherzustellen. Dabei sind die Bewirtschafter immer auf den guten Willen und die Mitarbeit aller Eigentümer angewiesen. Bei einem Blick über die Felder in unserer Region zeigt sich nicht sofort ein Handlungsbedarf. Doch die großen Schläge und weiten Felder sind ein Erbe der LPG aus Zeiten der DDR. Als sie angelegt wurden, spielte das Eigentum nur eine untergeordnete Rolle. In der Geschichte begründet wurde die dringend notwendige Ertragssteigerung in der DDR erreicht, ohne die Eigentumsstruktur anzupassen. Diese Betrachtung erfolgt dabei hier nicht nach richtig und falsch, gerecht oder ungerecht. Es ist vielmehr ein wichtiger Umstand, wenn es um „Flur-Bereinigung“ geht. Denn der Blick aus dem Fenster wirft durchaus die Frage auf, was denn hier bereinigt werden soll. Historische und ursprüngliche Aufgabe der Flurbereinigung ist es, das Eigentum so anzuordnen, dass die Schlaggröße maximiert und das Einkommen der Landwirte gesichert wird. Immer wieder findet sich deshalb der Vorwurf, Flurbereinigung würde genutzt, um die Natur zu zerstören und die Landwirtschaft zu industrialisieren.
In Sachsen ist die Flurstücksstruktur auf den Feldern meist nicht mehr zu erkennen. Es muss gar keine großflächigere Bewirtschaftung ermöglicht werden. Vielmehr geht es darum, die Eigentumsstruktur mit der Bewirtschaftung in Einklang zu bringen. Dass wirtschaftliche Interessen im Gleichgewicht stehen mit den Erfordernissen des Umwelt- und Naturschutzes, ist ein grundlegendes Interesse der Allgemeinheit, besonders der Bevölkerung im ländlichen Raum und der Landwirte, die von und mit dieser Natur ihren Lebensunterhalt bestreiten.
3: Schwarz eingezeichnet sind die Flurstücksgrenzen. Die zu erkennenden Wegeflurstücke und Eigentumsgrenzen spielen bei der Bewirtschaftung keine Rolle. Die Pflege der Pacht- und Nutzungsverhältnisse ist entsprechend aufwändig.
2. Flächenbereitstellung für den Straßenbau
Ein besonderes Flurbereinigungsverfahren ist das Unternehmensverfahren nach § 87 Flurbereinigungsgesetz zur Bereitstellung von Land für ein öffentliches Großbauvorhaben. Das Verfahren wird eingesetzt, um die Enteignung Einzelner unter der Straßentrasse oder für erforderliche Anlagen zu vermeiden, die mit großen Infrastrukturmaßnahmen in der Regel einhergeht. Die Grundidee ist, dass die Belastungen (insbesondere Flächenbereitstellung) für die Errichtung des Projektes genauso auf viele Schultern verteilt wird, wie der Nutzen, den das Projekt für die Allgemeinheit bietet. Den genauen Ablauf und die Hintergründe erläutern wir Ihnen im folgenden Video:
3. Die Teilnehmergemeinschaft
Die Teilnehmergemeinschaft entsteht kraft Gesetzes mit der Anordnung eines Flurbereinigungsverfahrens. Sie ist eine selbständige Körperschaft öffentlichen Rechts. Mitglieder sind alle Grundstückseigentümer im Flurbereinigungsgebiet. Sie handelt durch ihren Vorstand.
Die Mitgliedschaft in der Teilnehmergemeinschaft ist demnach nicht freiwillig. Jeder Landeigentümer, dessen Flurstück im Verfahrensgebiet liegt, wird automatisch Mitglied.
Zum Zeitpunkt der Aufklärung war die Darstellung der beteiligten Flurstücke noch vorläufig. Mit der Anordnung des Verfahrens wurde die Beteiligung festgelegt. Die karte dazu finden Sie im Abschnitt "Anordnung"-"Karte".
Jeder Teilnehmer kann den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft wählen oder sich selbst in den Vorstand wählen lassen. Der genaue Ablauf wird im Zusammenhang mit der ersten Teilnehmerversammlung nach Anordnung des Verfahrens erläutert (Vorstandswahl).
Antworten auf die häufigsten Fragen zum Thema Flurbereinigung, Verfahrensanordnung und Teilnehmergemeinschaft finden Sie hier:
Eine Erklärung der Fachbegriffe finden Sie hier:
Noch mehr Informationen zum Thema finden Sie auf den Seiten des Sächsischen Ministeriums für Regionalentwicklung: